Laufende Forschung

Das Ziel des Projekts ist es, die brutalen Szenen als Counterparts zum Minnediskurs zu betonen. Die Gewaltszenarien werden in Zusammenhang mit den sozialen, historischen und wirtschaftlichen Veränderungen diskutiert. Wie bei den Szenen, die auf dem Minnegesang basieren, lässt sich auch bei den Kriegsszenen feststellen, dass eine prägende Episode oft exemplarisch den Inhalt der Erzählung vertritt und gleichzeitig dramatisch eine Problemstellung präsentiert. So hält der Handlungsablauf inne, um eine kämpferische Episode repräsentativ vor Augen zu führen und gleichzeitig eine Frage an den Adressaten zu stellen. Damit ist die Vergegenwärtigung auf den Elfenbeinobjekten offen für Interpretationen – die Bilder motivieren den Betrachter zu einer Lösungsfindung. Einerseits muss der Betrachter die Verbindung zu den Erzählungen herstellen, und andererseits das Dargestellte “verarbeiten”. Das Projekt untersucht, ob die Bilder einen inneren Dialog beim Betrachter auslösen. Wenn man von einem solchen Zwiegespräch ausgeht, bieten die Bilder somit eine anders akzentuierte Interpretation der literarischen Vorlage. Des Weiteren wird analysiert, ob die im Roman auftretende Tragik der Konfliktsituation mittels der stereotypischen Verdichtung auf den Objekten in aktuelle Verhältnisse transferiert wird.

Prof. Dr. Manuela Studer-Karlen

Dissertation

Arbeitstitel: «Zur Wahrnehmung von Waffendarstellungen im mittelalterlichen Geschlechterkampf auf profanem gotischem Elfenbein»

Die Verwendung von Waffen auf profanen, gotischen Elfenbeinschnitzereien wurde bisher nur am Rande der Liebesszenen-Forschung erwähnt. Dabei bilden sie auf diversen Objekten nicht nur das optische, sondern auch das erzählerische Zentrum der Schnitzereien. Die Wahl der Waffe scheint den Betrachter*innen Aufschluss über die Gesinnung und die gesellschaftliche Rolle der Protagonist*innen zu geben. Verbildlichen diese Szenen demnach den Kampf der Geschlechter um die Liebe? Ausgehend von den umfangreichen Studien zur Ikonografie der Liebe im mittelalterlichen Kunsthandwerk, hinterfragt die Dissertation den Einsatz und die Wahrnehmung von Waffen und ihren jeweiligen Träger*innen auf den Elfenbeinschnitzereien.

M.A. Lisa Schmid

Masterprojekt

Die profanen Elfenbeinobjekte werden bedingt durch die Paar- und Minnedarstellungen immer in Bezug zum Liebeswerben gelesen. Liebeswerben wird auf den Objekten dargestellt, aber sie waren, so die Annahme, auch tatsächliche Liebesgeschenke. In diesem Kontext des Werbens um die Liebe spielen unweigerlich Geschlechtervorstellungen eine wichtige Rolle. Bisher wurde in der Forschung vor allem die Wahrnehmung dieser Objekte durch einen männlichen Betrachter untersucht. Dabei wurde auf den ritterlichen Tugendkanon und die höfischen Romane verwiesen. Die Frau wurde zwar als Rezipientin dieser Objekte angesehen, doch ihren Blickpunkt oder ihr Handeln im Liebeswerben fanden bisher kaum Beachtung. In der Masterarbeit soll diese Forschungslücke näher betrachtet werden. Wie kann anhand von den profanen Elfenbeinschnitzereien auf die weibliche Wahrnehmung von Liebe und Liebeswerben geschlossen werden? Welches Verhalten von Frauen wird dabei suggeriert? 

Amélie Joller